Ich möchte nie mehr anders leben, denn so bin ich glücklich!
Jana, 15 Jahre, Potsdam
Es war ca. im Mai 2005. Ich saß gerade in einer Bar bei mir um die Ecke und wartete auf eine Freundin, als ich SIE sah. Sie hatte mittellange braune Haare und sah wunderschön aus. Bis zu dem Zeitpunkt war ich der festen Überzeugung, irgendwann einen MANN fürs Leben zu finden. An Frauen dachte ich nicht. Ich war gerade mal 13. Jedenfalls lernte ich dieses Mädel, was dort saß, später durch eine Freundin kennen und lieben. Sara hieß sie. Sie zeigte mir, wie schön das Leben sein kann, wie wunderbar Frauen sind und dass ich zu dem stehen soll, was ich bin. Nachdem Sara weggezogen war, fing ich wieder was mit einem Kerl an. Doch das Thema Frauen ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Immer wieder drehte ich mich nach Frauen auf der Strasse um, auch im Beisein meines damaligen Freundes. So fing das alles langsam an…
Im August ca. erzählte ich dann einer guten Freundin in den Ferien, dass ich denke, bisexuell zu sein. Sie nahm es gut auf, hatte damit kein Problem und stellte viele Fragen. Ich glaube, dass ist mitunter das erste, was heterosexuelle Personen machen, nachdem sich ihnen jemand geoutet hat…Fragen, fragen, fragen… Jedenfalls war sie die erste und ich war sehr glücklich, dass sie so reagierte.
Es fing aber eigentlich schon viel früher an. In der 6. Klasse kamen die ersten Zweifel. Sie waren zwar unkonkret, aber da. Ich wunderte mich, was mit mir los ist. Ich war anders. Ich prügelte mich mit den Jungs, spuckte in der Öffentlichkeit auf den Boden, trug gut sichtbar immer Boxershorts und war auch sonst das totale Gegenteil von einem Mädchen. Doch lesbisch? Das kam mir überhaupt nicht in den Sinn… Jedenfalls nachdem ich dieser Freundin das erzählt hatte, ging ja erst das ganze Drama los. Kaum war ich aus den Sommerferien wieder da, lernte ich Anna kennen. Meine Cousine stellte uns gegenseitig auf einem Gartenvereinsommerfest vor. Ich, sonnengebräunt, Haare frisch bis zum Kinn geschnitten und auch sonst ziemlich jungenhaft gekleidet. Sie, lange blonde Haare, dezent geschminkt und ihr Outfit war auch der Wahnsinn. Ich glaube, es war Liebe auf den ersten Blick… Wir redeten viel den Abend und ich bildete mir ein, sie flirtet mich an. Aber sie und lesbisch? Never ever… Und irgendwann kam der Schock! Ich machte sie auf einen Kerl aufmerksam, der sie den ganzen Abend offensichtlich anmachte. Doch sie meinte nur frech: „Ist mir egal, ich steh nicht auf Männer!“ Eine Hand nahm die andere und wir kamen zwei Wochen später zusammen. Doch ich hatte immer noch nicht den Mut, mich öffentlich zu outen. Ich nahm es selbst für mich noch nicht richtig wahr, was natürlich die Sache noch komplizierter machte. Wir verbrachten eine wunderschöne Zeit miteinander und ich machte mich immer mehr vertraut mit dem Gedanken, doch lesbisch zu sein. Doch für mein Coming-out war ich noch lange nicht bereit. Auch sie zog weg…Es war verständlicherweise sehr schwer. Wir haben versucht den Kontakt noch aufrecht zu erhalten, doch die Entfernung Potsdam – Schwarzwald war einfach zu groß und zu kompliziert. Doch als ich erfuhr, dass sie mich belogen hatte und eigentlich in Brandenburg/Havel wohnte, war ich am Boden zerstört. Sie hatte dort eine neue Freundin. Doch ich gab ihr eine Chance in dem Glauben, dass sie diese vergessen könne. Ich habe mich getäuscht. Die Beziehung lief noch ca. bis Dezember, als ich, nachdem sie mich 7 Mal betrogen hatte, endgültig Schluss machte. Sie brach mir das Herz und ich war der Meinung, mich nie wieder auf eine Frau einlassen zu können. Im Februar 2006 lernte ich dann durch eine Anzeige Nadine kennen. Ich war sofort auf Wolke 7, sie schrieb wunderbare Sachen und war unheimlich interessant. Ich ließ mich, verknallt wie ich war, nach nur 1 ½ Wochen auf sie ein. Sie gab mir die Kraft, mich zu outen. Ich erzählte es erst nur ein paar Leuten. Bei meiner damaligen besten Freundin zum Beispiel, lief es folgendermaßen ab:“ Ähmmm du….also…ich hab ne neue Beziehung…“ Reaktion von ihr:“ Echt?!? Cool!!! Und, wie heißt er?“ Ich:“ Na ja…es ist eine Frau…“ Dann kam ein langes Schweigen. Ich kannte sie zu dem Zeitpunkt schon 8 Jahre und sie erfuhr es nicht mal als erste. Nachdem sie eine Weile geschockt geguckt hatte, grinste sie und sagte:“ Ach, Hauptsache du wirst glücklich! Außerdem konnte ich mir das eh schon denken.“ Ich war erleichtert. Na ja, allzu öffentlich war es nun doch nicht. Ich hatte es ca. 10 Freunden erzählt und wollte auch nicht, dass sie es weitererzählen oder in der Öffentlichkeiten drüber reden. Irgendwie hatte ich doch Angst. Nicht mal eine Woche später wusste es die casino online gesamte Klassenstufe 8. Doch es kamen nur gute Bemerkungen, alle sind super damit umgegangen. Für sie war es überhaupt kein Problem und ich glaube, das war wirklich das Wichtigste für mich. Doch meine Eltern waren ja auch noch da. Sie hatten die ganze Geschichte mit Anna und Sara nicht mitgekriegt, auch von Nadine wussten sie da noch nichts. Ich hatte sehr dolle Angst vor den Reaktionen meiner Eltern. Wahrscheinlich war ich durch Nadines Erzählung eingeschüchtert. Sie hatte sich damals, nachdem es mit ihrer damaligen Freundin aus war, vor ihren Eltern geoutet. Diese fingen an zu brüllen, was das denn bitte soll. Sie drohten ihr sogar an, falls das noch mal vorkommen sollte, schmeißen sie sie raus. Natürlich führte sie weiter Beziehungen zu Frauen, selbstverständlich hinter dem Rücken ihrer Eltern. Doch genau vor so einer Reaktion hatte ich große Angst. Aber irgendwann war es soweit. Inzwischen hatten meine Cousine und meine Tante es schon erfahren, sie hatte es sich zusammenreimen können. Sie fanden das beide in Ordnung und hatten überhaupt keine Probleme. Doch die Sache mit meinen Eltern, sagten sie, die muss ich alleine klären. Eines Abends kam ich wieder viel zu spät von Nadine nach Hause. Mein Vater war tierisch sauer und fragte, was denn los sei, warum ich immer, wenn ich bei ihr bin, zu spät komme. Ich erzählte ihm also ganz spontan und ohne groß nachzudenken, dass ich mit ihr zusammen sei. Er meinte darauf nur, dass er sich für mich freue, meine Sexualität mein Ding sei und ich zusammen sein könne mit wem ich wollte, aber doch bitte pünktlich sein sollte. Ich war überglücklich und erleichtert. Aber meine Mutter wusste immer noch nichts und das wollte mein Vater mir auch nicht abnehmen. Ungefähr 2 Monate später, rief mich meine Mutter, dass ich zu ihr in die Küche kommen soll. Ich setzte mich und sie fragte, was denn in letzter Zeit mit mir los sei. Ich hatte mich verändert und sie fand das komisch, vor allem weil ich ja auch nicht mit ihr drüber redete. Ob ich geklaut hätte, fragte sie mich. Natürlich nicht! Drogen? Beim Schwarzfahren erwischt? Sitzen bleiben? Stress mit Freunden? Alles stimmte nicht. Und dann fragte sie mich, ob ich vielleicht lesbisch sei. Ich fing an zu weinen. Meine Mutter fragte mich wieder, was denn los ist und ob ich denn nun lesbisch bin oder nicht. Ich brachte nur ein:“Ja!“ raus. Meine Mutter fing herzlich an zu lachen und meinte, dass das doch wohl kein Problem ist. Ich wüsste doch, dass sie selber viele homosexuelle Freunde und Freundinnen hat. Damit war das Problem gelöst. Ich redete viel mit meinen Eltern drüber, auch vielen meiner Verwandten habe ich oder halt meine Eltern es erzählt. Alle meine Freunde wissen es und Leute, die es nicht wissen, überrasche ich gerne damit. Ich trage offen meinen Regenbogenbutton am Rucksack, einen „I love Girls“ Button und die ineinander geschlungenen weiblichen Zeichen. Ich stehe zu dem, was ich bin und bin auch sehr stolz darauf! Ich habe zwei Freundeskreise, einen Heterosexuellen und einen Homosexuellen und ehrlich gesagt, ich fühle mich in meinem homosexuellen Freundeskreis viel wohler. Weil wir alle stolz sind das zu sein, was wir sind. Und ich möchte nie mehr anders leben, denn nur so bin ich glücklich.
|