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Mimikry

 

Als ich vor einigen Tagen mit der üblichen Begeisterung am Biologie Unterricht teilnahm, bin ich zu meinem Erstaunen, jedoch aufgrund der Tatsache, dass ich diesmal auf meine witzige und geistreiche Banknachbarin verzichten musste, tatsächlich dem Unterricht gefolgt.

Es ging um Tarntrachten, welche Organismen nutzen, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Eine Form der Tarntracht ist die „Mimikry“. In welcher sich die Beute die äußeren Eigenschaften der Fressfeinde, ihrer Fressfeinde zulegt, um diesen somit abzuschrecken.

Und ich begann zu überlegen. Nutzen Organismen diese Art von Tarntracht nur, um sich vor Fressfeinden zu schützen, oder im Falle des Menschen auch, um sich vor Gefühlen zu schützen.
Ich kenne unzählige Personen, die sich als hart, unnahbar oder distanziert geben -als Person, der Gefühle nichts anhaben können, mit dem Ziel, sich vor genau diesen zu schützen.
Es existieren jedoch auch Personen, die auf eine andere Art vorgeben, jemand zu sein, der sie nicht sind, nett, einfühlsam, ehrlich, treu oder, auf den Punkt gebracht, bindungsfähig, um ihre Beute einzufangen und deren Gefühle manchmal bewusst, manchmal weniger bewusst zu verletzen. In diesem Falle spricht man dann von „aggressiver Mimikry“, in dieser Form tarnt sich nicht die Beute, sondern der Jäger, um diese zu fressen.
In der Tierwelt und Pflanzenwelt wird diese Art von Tarnung genutzt, um die Lebenserwartung zu steigern. Und im Fall des Menschen?
Ich kam nicht drumrum, mich zu fragen, ob es im Falle von Gefühlen besser ist zu tarnen. Doch die Gefahr, die Fähigkeit überhaupt Gefühle zu entwickeln oder sie zu erkennen, könnte durch diesen Vorgang eingebüßt werden. Und dann?
Keine Gefühle entwickeln - lebenserwartungsfördernd oder sicherer Weg zum Tod? Und ich überlegte weiter. Im Falle des Nahrungsspezialisten ist jegliche Form von „Mimikry“ umsonst, in unserem Fall der Liebe.
Kommt die Liebe, ist Mensch vollkommen auf sich allein gestellt, denn das Herz kann sich nicht tarnen, höchstens verleugnen, was jedoch meist nicht ausreichend ist, um uns tatsächlich vor Liebeskummer zu schützen. Also sehe ich den Vorgang Gefühle zu tarnen als etwas an, was temporär zu funktionieren scheint, sowohl für Beute als auch für Jäger, doch kommt die Liebe, ist alles vorbei. Und in gewisser Art und Weise ist es schön zu wissen, das letztendlich jeder irgendwann nackt dastehen wird - sowohl die Guten, als auch die Bösen. Denn Liebe existiert, zumindest glaube ich das noch, in jedem von uns.
Ich, für meinen Teil, hoffe, der schönsten Form der Liebe zu begegnen, der Erwiderten, wer muss sich da noch tarnen? Schon interessant, zu welchen Überlegungen es kommen kann, wenn ein frisch gewordener Single in die Welt der Biologie eingeführt wird.


 

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