Stolz, schwul zu sein
Meine Story über mein Coming-out: Ahoi, ich bin Charlie , 18 Jahre alt, aus Cottbus. (: Geoutet habe ich mich mit 12 Jahren. Gemerkt, dass mit mir etwas "nicht stimmt" habe ich allerdings schon viel früher. Im Kindergarten habe ich mich mit Puppen anstatt mit Autos beschäftigt, ich habe mich total gern verkleidet und kaum etwas mit Jungs gemacht. Bis heute besteht mein Freundeskreis größtenteils nur aus Mädchen und Frauen. Als ich dann die Grundschule besuchte merkte ich im laufe der Zeit, dass ich Jungs total interessant finde, obwohl ich nie das Bedürfnis hatte mit ihnen befreundet zu sein. Warum kann ich mir bis heute nicht erklären. Großartig bewegt hat es mich auch nicht aber als ich merkte, dass alle anderen Jungs anfingen über Mädchen zu sprechen oder sich schon das ein oder andere "Grundschul-Liebespärchen" gefunden hat, wurde es mir immer bewusster. Als dann mit beginn der Pubertät auch der Schulwechsel in die weiterführende Schule anstand, entwickelte ich eine immer stärkerwerdende Zuneigung gegenüber Jungs die ich toll fand. Also wusste ich, "ICH BIN SCHWUL". Allerdings steht und stand für mich immer fest, dass ich keinem Jungen meine Zuneigung spüren lasse, wenn ich nicht zu einhundert Prozent weiß, dass er auch auf das gleiche Geschlecht steht.
Als ich merkte das ich schwul bin, sah ich es als etwas "unnormales" an, wusste aber das ich es nicht ändern kann. Ich versuchte es immer zu verstecken aber jeder merkte es irgendwie. Egal wie sehr ich mich bemühte, einfach jeder fragte ganz blöd "BIST DU SCHWUL??". Ich habe diese Frage gehasst! Natürlich antwortete ich immer mit "nein". Ich konnte mich nicht überwinden es öffentlich zu machen. Gerade weil es , wie an jeder Schule, auch Kandidaten gab, die sich gerne mal ein "Scherz" erlaubten, den ich nicht so witzig fand. Wörter wie "Schwuchtel" oder "Homo" gehörten zur Tagesordnung. Ich hatte durch meine offene Art schnell viele neue Freunde gewonnen. Auch das meine Grundschulfreunde mit mir zusammen auf die gleiche weiterführende Schule wechselten war meine Rettung. Durch diese hatte ich immer Unterstützung und stand über dem was mir an den "Kopf" geknallt wurde. Natürlich fiel es schwer, auch heute noch, aber nicht weil ich mich gekränkt fühlte/fühle, sondern weil ich es einfach nur schlimm fand/finde, dass es Leute gibt, die das nicht verstehen können, so mal Homosexuelle rein gar nichts dafür können, dass sie so sind wie sie sind. Meinen engsten Freunden erzählte ich sofort, dass ich Jungs toll finde. Sie hatten keine Probleme damit. Im Gegenteil. Überall war meine Meinung gefragt, sei es bei Klamotten oder Problemen. Ich wurde zum Ansprechpartner Number 1. Trotz dessen hatte ich noch nicht den Arsch in der Hose zusagen wie es um mich steht. Ich sah "schwul sein" immernoch als etwas an, was nicht akzeptabel ist. Meine Eltern bekamen natürlich alles mit. Eltern spüren so etwas. Ich denke deswegen nutzen sie jede passende Möglichkeit um über schwule zu sprechen und mir zu sagen, dass sie das überhaupt nicht schlimm finden. Ich wusste also schon immer, dass meine Eltern damit kein Problem hätten. Und trotzdem konnte ich es einfach nicht.
Meine ersten Erfahrungen machte ich schon recht früh. Mit 11 Jahren. Zum ersten Sex kam es schon mit 12. Alle denen ich das erzähle können es kaum glauben. Ehrlich gesagt finde ich auch, dass es recht früh war, aber es hat mir nicht geschadet. Vielleicht ist das der Grund warum ich so schnell heranreifte. Ich bereue es jedenfalls nicht. Als ich eines Tages im Schrank meiner Mutter einen Elternratgeber fand, der Informationen über Homosexualität beinhaltete wusste ich, dass meine Eltern wirklich wussten was mit mir los ist. Auch die erste Liebe war ausschlaggebend für mein Outing. Um ihn zu besuchen war ich auf meine Eltern angewiesen und somit beschloss ich von einem Tag auf den anderen es ihnen zu sagen. Das Tat ich auch. Als meine Mutter von der Arbeit kam rief ich sie zu mir ins Zimmer. Ich war so nervös! Ich wollte nicht um den heißen Brei herumreden, deswegen sagte ich ihr einfach was Sache ist. Sie umarmte mich und meinte: " Das ist ein toller Vertrauensbeweis". Daraufhin erzählte meine Mutter es meinem Vater. Der ist eh die coolste Socke und kam genauso gut damit klar wie meine Mutter. Seit diesem Tag begann für mich ein neues Leben. Ich musste mich nicht mehr "verstecken". Ich war so glücklich. Ab diesem Zeitpunkt stand ich zu mir und jeder der mir die bekloppte Frage "BIST DU SCHWUL???" stellte bekam ein grinsendes und vor allem stolzes "JA" als Antwort. Mir hätte nichts besseres passieren können.
Besonders dankbar bin ich meinen tollen Freunden die mich in jeder auch noch so beschissenen Situation in Schutz genommen haben und natürlich meinen Eltern, welche mehr als nur tolerant mir gegenüber sind. Nicht nur meine Eltern sondern auch meine komplette Familie weiß bescheid und geht damit genauso offen um.
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