Zahl der HIV-Neuinfektionen 2016 gleichbleibend PDF Drucken E-Mail
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Hoch wirksame Strategien bleiben in Deutschland ungenutzt - Weiter viele Spätdiagnosen

Die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland ist weiterhin stabil. Im Jahr 2016 infizierten sich wie im Vorjahr rund 3.100 Menschen mit HIV. Zugleich erfuhren 1.100 Menschen erst von ihrer HIV-Infektion, als sie bereits an Aids beziehungsweise einem schweren Immundefekt litten - obwohl sich die Krankheit heute durch eine Therapie vermeiden lässt. Sie hatten bereits jahrelang unwissentlich mit HIV gelebt. 

Zu den HIV-Neuinfektionszahlen sagt Sven Warminsky vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe: „Die HIV-Infektionszahlen könnten sinken, wenn Deutschland alle verfügbaren Schutzmethoden zum Einsatz bringen würde. Dass Bund, Länder und Gesundheitssystem auf gut erprobte Strategien zur Vermeidung von HIV-Infektionen verzichten, ist nicht nachvollziehbar. Es ist Zeit, einen Gang höher zu schalten!“

Infektionen vermeiden

Es sind vor allem drei Mittel, die zahlreiche HIV-Infektionen verhindern könnten:

Die HIV-Prophylaxe PrEP für Menschen mit besonders hohem HIV-Risiko sollte bei entsprechender Indikation von den Krankenkassen übernommen werden. Laut einer neuen Studie kann sie bis zum Jahr 2030 rund 9.000 HIV-Infektionen verhindern – ein Gewinn für die betroffenen Menschen wie für das Gesundheitssystem. enschen in Haft müssen Zugang zu sauberen Spritzen erhalten. Viele Gefangene injizieren Drogen, zugleich ist ein Prozent der Inhaftierten HIV-positiv, 20 Prozent sind mit dem Hepatitis-C-Erreger HCV infiziert. In so einem Umfeld darf Schutz erst recht niemandem vorenthalten werden. Menschen ohne Papiere müssen endlich einen anonymen Zugang zur HIV-Therapie erhalten, damit sie nicht ihre Abschiebung fürchten müssen, wenn sie medizinische Versorgung in Anspruch nehmen möchten. Damit würden Aids-Erkrankungen und weitere HIV-Infektionen verhindert. Auch das RKI weist heute auf diesen Bedarf hin („Handlungsempfehlungen“ im Epidemiologischen Bulletin).
Nach den neuen RKI-Zahlen ist die Zahl der Neuinfektionen bei homosexuellen Männern seit 2013 leicht rückläufig. Grund sind verbesserte Testangebote (vor allem die Checkpoints der Aidshilfe-Organisationen) und ein früherer Beginn der HIV-Therapie, die auch die Übertragung von HIV verhindert. Beides gilt es in allen Zielgruppen auszubauen. Einen Anstieg vermeldet das RKI hingegen bei den Drogenkonsument_innen. Gründe sind hier laut RKI ein Anstieg in Osteuropa, der sich über höhere Mobilität auch in Deutschland auswirkt sowie neue Substanzen, die häufig injiziert werden. Darum müssen Risiko minimierende Angebote ausgebaut, Drogenkonsumräume endlich in allen Bundesländern eingerichtet werden.

Spätdiagnosen vorbeugen

Zur nach wie vor hohen Zahl von HIV-Diagnosen im fortgeschrittenen Stadium der Krankheit sagt Sven Warminsky: „Dass jedes Jahr mehr als 1.000 Menschen schwer erkranken, obwohl es längst vermeidbar ist, können wir nicht hinnehmen. Alle gemeinsam können und müssen wir diese Menschen besser unterstützen, bevor sie krank werden. Besonders wichtig ist dabei, die HIV-Infektion und Sexualität weiter zu enttabuisieren und Stigmatisierung entgegen zu wirken. Tabus, Scham und Angst vor Ausgrenzung halten Menschen vom HIV-Test ab – und damit von einer Therapie.“ Fast ein Drittel der HIV-Diagnosen in Deutschland sind so genannte Spätdiagnosen. Nach der aktuellen Schätzung des RKI leben 12.700 Menschen in Deutschland mit HIV, ohne es zu wissen. Menschen, die nicht zu den am stärksten betroffenen Gruppen gehören, rechnen oft nicht damit, dass sie betroffen sein könnten. Sven Warminsky: „Die wichtigste Botschaft lautet: Im Zweifel zum HIV-Test. Denn mit HIV kann man heute gut leben, wenn die Infektion erkannt und behandelt wird.“

Die Deutsche AIDS-Hilfe will mit ihrer Kampagne „Kein Aids für alle!“ erreichen, dass im Jahr 2020 in Deutschland niemand mehr an Aids erkranken muss. Beitragen könnte dazu neben der anonymen Behandlung von Menschen ohne Papiere zum Beispiel eine höhere Sensibilität von Ärzten gegenüber möglichen Anzeichen einer HIV-Erkrankung und das aktive Ansprechen von Sexualität – sie sollten häufiger im richtigen Moment einen HIV-Test anbieten. Schwulen und bisexuellen Männern, die statistisch ein besonders hohes Risiko haben, empfiehlt die Deutsche AIDS-Hilfe einen jährlichen Routine-Check.

Pressemitteilung der Deutschen Aidshilfe (DAH) vom 23.11.2017

Bericht über die neuen Zahlen des RKI
Meldung der Deutschen AIDS-Hilfe zu den HIV-Neuinfektionszahlen 2016
Position der Deutschen AIDS-Hilfe zur HIV-Prophylaxe PrEP
Website "Kein AIDS für alle!"